Schweiz | International |
Januar 2004 |
- Bei einer brutalen Schlägerei zwischen drei Schweizer Jugendlichen
in Romanshorn (TG) wurde am 4.1.04 früh ein 18-Jähriger schwer
verletzt.
- Im Januar 2004 läuft auf SF DRS die schweizerische Variante von
Musicstar. Siegerin wird Carmen Fenk aus dem Rheintal.
- Am 30.1.2004 erreicht der Schweizer Tennisprofi Roger Federer
mit dem Halbfinalsieg am Australian Open Platz 1 der Weltrangliste;
er gewinnt in der Folge am 1.2.2004 das Australien Open, verteidigt
am 4.7.2004 den Titel in Wimbledon und siegt am 12.9.2004 am US-open
sowie am 22.11.2004 im Masters-Cup. Mit 11 Finalsiegen
ist Federer so erfolgreich wie schon lange kein anderer Tenniscrack
mehr, an der Olypiade in Athen scheidet er dagegen schon in der
ersten Runde aus.
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- Wettrennen zum Mars.
Die europäische Raumsonde
Beagle 2 landete
zwar vor der amerikanischen auf dem Mars, hat aber keinen Kontakt
mit dem Kontrollzentrum aufgenommen. Sie wurde wohl beschädigt.
Erfolgreich - trotz anfänglichen Problemen mit Software und
Stromversorgung war dagegen die amerikanische Sonde "Spirit".
Sie funkte Hunderte von fantastisch scharfen Bildern zur Erde:
http://marsrovers.jpl.nasa.gov/home/index.html
und
http://stardust.jpl.nasa.gov
Es ist der erste grosse Erfolg für die Nasa nach dem traumatischen
Absturz der bemannten Raumfähre (Spaceshuttle) "Columbia"
vom 1.2.2003.
Der erste Versuch der Nasa 1999 mit "Polar Lander" war
ebenfalls fehlgeschlagen, die Sonde zerschellte wegen eines
Softwarefehlers auf der Marsoberfläche.
Sowohl die ESA-Sonde wie auch die Nasa-Sonde werden übrigens von
Mikromotoren der Schweizer Firma Maxon Motors (Räder, Roboterarme, Bedienung der
Kameras) angetrieben.
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Februar 2004 |
- Volksabstimmung vom 8. Februar:
Deutliches Volksnein zum
Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative und zum neuen Mietrecht,
hingegen Ja zur Verwahrungsinitiative.
- Gemeindefusion: Willisau Stadt und Willisau Land
Nach dem JA an der Urne findet die offizielle
Vereinigungszeremonie am 13.2.2004 statt.
- "Lughafen Kloten"
Der Flughafen Kloten macht fast täglich negative Schlagzeilen und seine Informationspolitik wird
von verschiedener Seite kritisiert. Ob der Volksmund oder findige Journalisten das böse Wort
"Lughafen Kloten" erfunden haben, bleibe dahin gestellt...
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- 12.2.2004 Der Bürgermeister von San Francisco lässt erstmals in
den USA Ehen von Homosexuellen zu. Über 20 lesbische und schwule
Paare heiraten. Auf Druck konservativer Kreise erklärt der Oberste
Gerichtshof von Kalifornien die Homo-Ehen am 12.8.2004 für ungültig.
- 29.2.2004 Der ehemalige Priester Jean-Bertrand Aristide
tritt nach monatelangen bewaffneten Unruhen auf internationalen Druck
hin als Präsident der ärmsten Karibikinsel Haiti zurück.
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März 2004 |
- 6.3.2004 Die SP kann zwischen zwei profilierten Kandidaten für die
Nachfolge der abtretenden langjährigen Parteipräsidentin Christiane
Brunner auswählen. Hans-Jürg Fehr macht das Rennen klar vor
Werner Marti.
- 9.3.2004 Die konsequente Anwendung der nach dem Schengener Abkommen
vorgesehenen Kontrollen an Deutschlands EU-Aussengrenze zur Schweiz
sorgt für grosse Staus. Leidtragende sind vor allem deutsche Grenzgänger
und grenznahe deutsche Geschäfte, die alarmierende Umsatzeinbussen
nach Berlin melden. Nach einigen Wochen grosser Aufregung kehrt man
stillschweigend weit gehend zur jahrzehntelang geübten Praxis zurück.
- 12.3.2004 Ein Türke wird in Bern zu 20 Jahren Zuchthaus und 15 Jahren Landesverweis
verurteilt worden, ein Komplize steht in der Türkei vor Gericht.
Der Verurteilte hat seine Schwester und deren Freund ermordet, weil
der Vater gegen die Beziehung war. Der Mord ist im Familienrat beschlossen worden, um die so genannte Ehre
der Familie zu retten.
Offensichtlich entgeht diesen Leuten völlig, dass
sie sich in den Augen der Gesellschaft, in der sie leben, mit einer
solchen Tat auf die unterste soziale Stufe von Gewaltverbrechern
stellen, also ihre Familienehre definitiv ruinieren. Hier ist nicht
Schweizer Verständnis für einen anderen kulturellen Hintergrund angesagt,
sondern gründliche Aufklärung der Einwanderer. Denn es geht nicht an,
dass durch die "multikulturelle" Hintertür von unserer
Verfassung garantierte elementarste Grundrechte (Recht auf Leben und
Selbstbestimmung) zu Gunsten einer veralteten Gesellschaftsordnung
aufgegeben werden, die in Westeuropa durchaus nicht etwa
"fremd" ist, sondern vielmehr durch einen langen
demokratischen Prozess überwunden wurde.
- 30.3.2004 Amoklauf in Escholzmatt (LU): Ein Bauer, gegen den wegen Inzest ermittelt wird,
erschiesst seine von ihm getrennt lebende Frau, seinen Bruder und dessen Frau, und sich selbst.
Der Sozialvorsteher von Escholzmatt erliegt am 2.4.2004 seinen Verletzungen. 6 Kinder werden zu
Vollwaisen. Ein Gerichtspsychiater windet sich, er habe vor wenigen Monaten kein Gutachten über
den Täter erstellt, sondern nur eine kurze ambulante Visite durchgeführt.
Das Unterlassen einer seriösen Abklärung macht das Versagen
der Justizvollzugsbehörden nicht besser, im Gegenteil. Am 8. Februar 2004 hat der
Volkszorn über den allzu laschen Umgang mit gefährlichen Straftätern zur Annahme einer
Volksinitiative geführt, deren Detailbestimmungen zumindest Fragen aufwerfen -
und schon wieder wird ein Fall publik, wo die Behörden im Zweifel lieber lasch sind.
Wann begreifen die Behörden endlich, dass im Zweifelsfall der Schutz der Bevölkerung
höher zu werten ist als die Freiheit eines potenziellen Amokläufers, das Leben
Unschuldiger und sein eigenes auszulöschen?
Wann gelingt der Schweiz endlich der Abschied von der
Tell-Mentalität (jeder sein eigener Rächer)?
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- 11.3.2004 Terroranschlag in Spanien. Mehr als 200 Tote. Die bürgerliche Regierung
Aznar versucht die Schuld trotz Indizien der baskischen Separatistenorganisation
ETA in die Schuhe zu schieben. Das Volk wählt Aznar wegen seiner Unterstützung der USA
im Irakkrieg und wegen der allzu offensichtlich mehr an Wahlkampftaktik als an den Fakten
orientierten Informationspolitik zum Terroranschlag am folgenden Wochenende ab. Später
wird bestätigt, dass marokkanische Islamisten die Urheber des Anschlags sind.
- 12.3.2004 Die Hippie-Siedlung Christiania in Kopenhagen (1971 gegründet)
soll doch nicht abgerissen werden. Die dänische Regierung will auf den Bau teurer Wohnungen
verzichten, wenn die Hippies Bodenzins zahlen, ihre Wohnungen sanieren und den Haschischhandel
aufgeben.
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April 2004 |
- 1.4.2004 Ein Verbot von Internet-Dialern tritt in Kraft.
Dialer sind Programme, die eine Internet-Verbindung aufbauen, die sich i.a.
durch horrende Telefon-Tarife auszeichnet. Dialer wurden hauptsächlich
verwendet, um für Sex-Angebote zu kassieren, z.T. aber auch durch Viren
verdeckt installiert. Das Verbot zeigt Wirkung:
Das Bundesamt für Kommunikation BAKOM registriert einen Rückgang der
Beschwerden von 337 im März 2004 auf 115 im Mai 2004. SP-Nationalrätin
Ursula Wyss hat einen parlamentarischen
Vorstoss gegen Abzockerei mit anderen 0900er-Nummern in Aussicht gestellt.
- 16.4.2004 Die FDP wählt Rolf Schweiger zum Nachfolger der
unter einigem Getöse am 4.3.2004 abgetretenen Parteipräsidentin
Christiane Langenberger. Am 5.11.2004 gibt Schweiger sein Amt
per sofort ab. Die Mehrfachbelastung hat ihn eingeholt, er leidet unter
einem Burn-Out-Syndrom.
- 28.4.2004 Der Bundesrat wählt den Berner
Rudolf Strahm (SP)
zum Preisüberwacher mit Amtsantritt am 1.8.2004
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- 25.4.2004 ca 1 Mio Teilnehmer an einer Demonstration gegen Einschränkung
der Abtreibung in den USA.
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Mai 2004 |
- 26.5.2004 Ein Gutachten der Eidgenössischen Natur - und Heimatschutzkommission (ENHK)
kommt zum Schluss, dass das geplante neue Nationalparkzentrum auf der Wiese vor dem
Schloss Planta - Wildenberg in Zernez die Schutzziele von Ortsbild und Schloss schwer
wiegend beeinträchtigt.
Einmal mehr zeigt der umstrittene Architekt Valerio Olgiati,
dessen Projekt für den Uni-Neubau in Luzern ("Olgiati-Würfel") auf breiten Widerstand
gestossen ist, keinerlei Gespür für das historisch gewachsene Ortsbild.
Die Verantwortlichen des Nationalparks stoppen die Planungsarbeiten.
Dorfbild heute und mit Olgiati-Bau (Quelle und weitere Details:
Pro Chastè da Zernez)
- 24.5.2004 Die Zürcher Sektion des
VCS
zieht gegen den Willen der
gesamtschweizerischen Verbandsleitung die Beschwerde gegen die
geplante kommerzielle Zusatznutzung im neuen Zürcher Hardturm-Stadion
an die nächste Gerichtsinstanz weiter. Das Stadion wird somit für die
Fussball-EM 2008 nicht bereit stehen. Der Zürcher Stadpräsident
Elmar Ledergerber landet mit dem völlig deplatzierten Begriff
"Öko-Terrismus" einen gewaltigen Faux-Pas
(Unwort des Jahres),
wird zurecht von Radio DRS schärfstens kritisiert und muss
sich in aller Form für den peinlichen Fehlgriff entschuldigen.
Wohl kann man in der Sache geteilter Meinung sein,
aber das Ausschöpfen von Rechtsmitteln im Rechtsstaat mit Terrorismus
in Verbindung zu bringen, ist eine für einen Politiker einfach
unentschuldbare Entgleisung. Dass die konsequente Anwendung des
demokratisch zustande gekommenen Verbandsbeschwerderechts Diskussionen
darüber auslöst, ob dieses Recht sinnvoll ist, ist dagegen in einer
Demokratie durchaus legitim. Zu ändern ist die heutige Regelung aber
wenn schon auf dem Weg, auf dem sie entstanden ist: nämlich auf dem
demokratischen.
- 28.5.2004 Das Nachrichtenmagazin "10 vor 10" von Schweizer Fernsehen DRS
(und das Tages-Anzeiger-Magazin vom 29.5.2004) machen publik, dass Bundesrat
Christoph Blocher (SVP) seinen Kollegen Moritz Leuenberger (SP)
wegen der Probleme mit der (notabene nach dem Geschmack der Bürgerlichen privatrechtlich
organisierten) Schweizer Luftraumüberwachung zum Rücktritt aufgefordert hat.
SP-Präsident Fehr bezeichnet die Rücktrittsforderung als «massive Entgleisung»,
CVP-Präsidentin Doris Leuthard als «völlige Frechheit» und FDP-Präsident
fordert «mehr Anstand gegenüber dem politischen Gegner».
Einmal mehr wird offensichtlich, dass die Wahl von Christoph Blocher in den Bundesrat
die Spannungen zwischen den Parteien anheizt und das Konkordanzprinzip arg strapaziert.
Damit steht letztlich die politische Stabilität auf dem Spiel, um die die Schweiz
vom Ausland oft benieden wird, und die als wichtigster Standortvorteil für die Schweizer
Wirtschaft gilt. Das sollte auch den Bürgerlichen zu denken geben.
- 28.5.2004 Die CVP-Parteileitung sucht mit drei Positionspapieren, die bis zum Parteitag
vom 18. September von der Parteibasis diskutiert werden sollen, einen Weg aus der akuten
inneren Krise nach der Wahlschlappe von 2003.
- 29.5.2004 Das Institut für Politikwissenschaften in Zürich präsentiert eine Studie
zu den Wahlen vom Herbst 2003: Danach gingen weniger Frauen, dafür mehr Junge zur Wahl,
diese wählten bevorzugt Grüne oder CVP (wegen der jungen, im Dezember vom neuen Parlament
abgewählten CVP-Bundesrätin Ruth Metzler ...). Andererseits verlor die CVP Stammwähler
an die SVP: die Bauern orientieren sich mehr und mehr an der harten Ausgrenzungspolitik
der SVP als an den überkommenen konfessionellen Bindungen.
(wenn das nur kein Bumerang für die Bauern wird ...) Die SVP profitierte auch zulasten
der FDP von der weit verbreiteten Skepsis gegenüber der EU.
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- 11.5.2004 Der US-Gentech-Konzern Monsanto zieht seinen umstrittenen
Gentech-Weizen vom Markt zurück. Der Gentech-Weizen ist einerseits wie schon
die Gentech-Kartoffel (2002) am Widerstand der Konsumenten (v.a. in Europa und Japan)
gescheitert, andererseits aus wirtschaftlichen Gründen: Die versprochene Ertragssteigerung
von 5 bis 15 % kann die höheren Kosten für das Saatgut (das die Bauern nicht selbst
vermehren dürfen wie konventionelles Saatgut) und die verminderten Absatzchancen nicht
wettmachen. Über die Hälfte des in Nordamerika produzierten Weizens wird exportiert.
Europa und Japan verlangen von den Exporteure eine Garantie, das gentechnisch
verändertes Getreide deklariert und nicht mit konventionellem Getreide vermischt wird.
Monsanto lässt offen, ob der Gentech-Weizen in einigen Jahren nochmals auf den
Markt gebracht wird. Vorläufig will man sich auf gentechnisch veränderten Raps, Mais,
Soja und Baumwolle konzentrieren.
- 11.5.2004 Die Finanzminister der EU fallen der EU-Kommission in den Rücken und
zeigen sich auch gegenüber Italien nachsichtig, das wie schon Deutschland und Frankreich
den Euro-Stablitätspakt mit einem Budgetdefizit von mehr als 3% verletzt.
- 11.5.2004 Nachdem die Schweiz in den bilateralen Verhandlungen II
auf Unterhändler-Ebene
Garantien für ihr Bankgeheimnis herausgeholt hat, tun sich die EU-Finanzminister schwer damit.
Luxemburg will Gleichbehandlung mit der Schweiz, d.h. Zinsbesteuerung für ausländische
Vermögen statt Offenlegung gegenüber den Steuerbehörden des Herkunftslandes.
13.5.2004 Die EU bestätigt die Bilateralen II. In der Schweiz beginnt das innere Tauziehen um
die Ratifizierung [Genehmigung]: Während sich die staatstragenden Bundesratsparteien
SP, FDP und CVP über den Abschluss der Verhandlungen befriedigt zeigen, verlangen die
notorischen Neinsager von der SVP sofort, dass alle Verträge einzeln dem
obligatorischen Referendum unterstellt werden [d.h. ohne Unterschriftensammlung
zur Volksabstimmung kommen].
Die neun Bilateralen Abkommen II im Überblick:
- Beitritt der Schweiz zu den Abkommen von Schengen
(Aufhebung der konsequenten Grenzkontrollen innerhalb der EU,
verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizei) und Dublin
(Regelung, welches Land welche Asylbewerber aufnehmen muss). Mit Ausnahmeregelung
für das Bankgeheimnis.
- Die Steuerhinterziehung soll durch die Zinsbesteuerung eingedämmt werden.
- Betrugsbekämpfung gegen Umgehung von
indirekten Steuern (Mehrwertsteuer, Tabak- und Benzinsteuern) durch Schmuggel etc.
- Abkommen über verarbeitete Landwirtschaftsprodukte
- Beiritt der Schweiz zur EU-Umweltagentur
- Beitritt der Schweiz zur EU-Statistikbehörde
- Beteiligung der Schweiz an den Media-Programmen der EU (Filmförderung).
- Freizügigkeit für die neuen EU-Mitgliedstaaten schrittweise bis 2011, mit Schutzklauseln
gegen einen allfälligen Massenandrang bis 2014.
- Bisherige Sonderregelungen für die Einfuhr von Produkten aus neuen EU-Ländern
werden weitergeführt. Die EU verzichtet darauf,
Zölle auf Reexporte einzuführen.
Mehr: Bilaterale Abkommen
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Juni 2004 |
- 7.6.2004: Der Bundesrat beschliesst, die Bilateralen Abkommen II mit der
Europäischen Union EU dem Parlament einzeln zur Genehmigung vorzulegen und damit
eine offene Diskussion zu ermöglichen und den Vorwurf der "Päcklipolitik"
entkräften). Welche Abkommen allenfalls dem obligatorischen Referendum unterstellt
werden, sollen aber nicht die Polterer von der SVP sondern die klaren
verfassungrechtlichen Grundlagen entscheiden.
- 12.6.2004: 19 Männer und zwei Frauen stürmen in den frühen Morgenstunden den
Jugendclub Deep in Seewen (SZ) und verprügeln die Gäste brutal. Vier
Besucher werden verletzt. Die Schlägerbande ist keine feste Gruppe, sondern
hat sich ad-hoc [bei Gelegenheit] getroffen. Die Täter und Täterinnen sind
zwischen 16 und 22 Jahren alt, stammen aus den Kantonen Schwyz, Zug, Zürich
und St. Gallen und sind - mit Ausnahme eines Italieners - alle Schweizer.
Sie bewegen sich in der rechtsextremen Szene, tragen Springerstiefel und
Bomberjacken. Ein klassisches Beispiel für Jugendgewalt von Einheimischen.
Das Deep ist schon früher mehrfach von rechtsradikalen Schlägerbanden
heimgesucht worden. Den Tätern drohen Gefängnisstrafen bis zu fünf Jahren.
- 26.6.2004 SP und SVP beschliessen die Parolen für die Abstimmungen vom
26.9.2004: die Sozialdemokraten sagen viermal Ja zur Mutterschaftsversicherung,
zur erleichterten Einbürgerung von jungen Ausländern (2 Vorlagen) und zur Initiative
der Gewerkschaften für die Erhaltung eines flächendeckenden Poststellen-Netzes.
Die SVP bestätigt einmal mehr ihr Image als notorische Neinsager-Partei.
- 27.6.2004 Laut dem Wahlbarometer des Sonntags-Blick verlieren CVP (12%)
und FDP (15%) weiter an Wählergunst. SP und SVP liegen mit je 25% gleichauf, wobei
die SP 2% an die Grünen (9%) verloren hat.
- 20.6.2004 Spuckaffäre um den Schweizer Spieler Alex Frei an der Fussball-EM in
Portugal. Nachdem die UEFA den Frei am vormittag mangels Beweisen freigesprochen hat,
tauchen Fernsehbilder auf, die das unfaire Verhalten belegen.
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- 8.6.2004 Eine neue UNO-Resolution macht den Weg frei für die Übergabe der
Verwaltung an eine irakische Übergangsregierung.
- 10.6.2004 Der Sänger, Pianist und Komponist Ray Charles («What'd I Say»,
«Georgia on My Mind», «Hit the Road Jack») stirbt im Alter von
73 Jahren. Der blinde Sänger Ray Charles durchbrach als erster die Grenze zwischen
dem bis dahin streng religiös ausgerichteten Gospel der Afroamerikaner und der
Countrymusik der Weissen und schuf damit die Stilrichtung Soul, die in den
USA weitaus populärer ist als in Europa.
- 5.6.2004 Tod des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan.
Ronald Reagan wird von der Weltöffentlichkeit vor allem als Wegbereiter des Untergangs
der Sowjetunion wahrgenommen, als wäre dieser nicht vor allem der Unfähigkeit des
«real existierenden Sozialismus» zuzuschreiben, die real existierenden
Menschen zu Leistungen zu motivieren.
Obwohl Ronald Reagan als eigentlicher Architekt der konservativen Wende in den USA
der 1980-er Jahre wesentlich mit verantwortlich für die Abkoppelung der USA von der
Moderne ist, unter der die Welt auch unter seinen geistigen Erben George Bush sen. und
George W. Bush leidet, vermeidet man vor allem in den USA eine kritische
Auseinandersetzung mit der Aera Reagan. Die Iran-Contra-Affäre oder die Tatsache, dass
Reagan eine griffige Aufklärung über Aids aus ideologischen Gründen verhindert hat
(ebenso wie der südafrikanische Präsident Mbeki, der dafür aber wenigstens von der
Weltöffentlichkeit heftig kritisiert wurde) und damit für den Tod von Tausenden von
Aids-Opfern mitverantwortlich ist, scheinen weit herum ebenso vergessen wie die
horrenden Budget-Defizite, die er mit seiner Aufrüstungspolitik anrichtete.
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Juli 2004 |
- 20.7.2004 Nach dem der Nationalrat sich am 14. Juni zum zweiten Mal geweigert hat,
auf eine vom Ständerat bereits gutgeheissene Gesetzesrevision zur Legalisierung des
Haschisch-Konsums überhaupt nur einzutreten [d.h. das Gesetz im Detail zu
diskutieren], lanciert ein Komitee eine Volksinitiative für straffreien
Cannabis-Konsum. Der Bund soll den Handel regeln und Massnahmen zum Jugenschutz
ergreifen. Das Komitee macht geltend, dass das geltende Hasch-Verbot bloss den
Schwarzmarkt und die Kleinkriminalität fördert und die Polizei von sinnvolleren
Aufgaben abhält (Kosten von einer halben Milliarde Franken pro Jahr).
- 9.7.2004 Ein Expertenbericht schlägt vor, auf die Südanflüge zum Flughafen
Zürich-Kloten weit gehend zu verzichten und stattdessen die Pisten so auszubauen,
dass mehr Flüge aus Osten und Norden abgewickelt werden können. Damit ist der von
der Zürcher Regierung angestrebte Mediationsprozess zwischen allen Interessengruppen
zum Scheitern verurteilt noch bevor er richtig begonnen hat. Die erste und letzte
Mediationssitzung vom Juli kann denn auch nur noch feststellen, dass das
Mediationsverfahren gescheitert ist.
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- 9.7.2004 Der internationale Gerichtshof in Den Haag bezeichnet die von Israel
errichtete Sperranlage gegen die besetzten Palästinensergebiete
mit 14:1 Stimmen (alle gegen die USA) als völkerrechtswidrig.
- 9.7.2004 Der Geheimdienstausschuss des US-Senats übt in seinem ausführlichen
Untersuchungsbericht vernichtende Kritik sowohl an der Regierung von Präsident
George W. Bush als auch an der "schludrigen Arbeitsweise" der CIA.
Von den angeblichen "Beweisen" für irakische Massenvernichtungswaffen,
die Präsident Bush als Hauptargument für den Irakkrieg dienten, ist nichts übrig
geblieben als die klare Aussage, dass die Bush-Administration die Informationen
der Geheimdienste gehörig frisiert hat, um ihre vorgefassten Ziele zu begründen.
Auch der zweite Kriegsgrund, der Vorwurf, El Kaida habe mit dem irakischen
Diktator Saddam zusammen gearbeitet wird im Juli 2004 als Lüge der Bush-Administration
entlarvt.
- 20.7.2004 Papst Johannes Paul II. ernennt einen Visitator (Untersucher),
um die Sex-Affäre im Priesterseminar St. Pölten und die Amtsführung von
Bischof Kurt Krenn untersuchen soll. Der erzkonservative Bischof Krenn ist
von Papst Johannes Paul II. selbst gegen den Widerstand der Kirchenbasis ernannt
worden. Damit ist Bischof Krenn faktisch entmachtet.
In der Sache ermitteln auch die österreichischen Strafverfolgungsbehörden,
da es offenbar um mehr als nur um «Dummheiten»
(Beschwichtigung durch Bischof Krenn), sondern um harte Kinderpornografie geht.
Auf PC's im Priesterseminar St. Pölten werden Tausende von Bildern sichergestellt.
Der Visitator verfügt nach seiner Untersuchung am 12.8.2004 die Schliessung des
Priesterseminars St. Pölten. Bischof Krenn zeigt weder Einsicht noch Bereitschaft
zum Rücktritt,
muss sich aber schliesslich am 29.9.2004 dem öffentlichen Druck und dem
Wunsch des Papstes beugen.
vgl. Sexueller Missbrauch in der
röm.-kath. Kirche der Schweiz
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August 2004 |
- Radprofi Oscar "Ösi" Camenzind aus Gersau SZ,
1998 Strassenweltmeister in Valkenburg NL und Tour-de-Suisse-Sieger 2000,
ist am 22.7.2004 von Swiss Olympic auf Doping getestet und des Missbrauchs
von Epo [Erythropoietin] überführt worden. Camenzind gibt sein Dopingproblem
nach dem Bekanntwerden des Resultats der Dopingprobe am 9.8.2004 sofort zu und
kommt mit einer Verzichtserklärung dem Ausschluss von den Olypischen Spielen in Athen
zuvor. Sein Vertrag mit Sponsor Phonak wird gemäss einer Anti-Doping-Klausel
automatisch aufgelöst - die Karriere des 32-jährigen ist damit definitiv beendet.
Camenzind gibt zu, sich das Dopingmittel selbst
gespritzt und sich damit in Lebensgefahr begeben zu haben
- Ab dem 23.8.2004 können die Maestro-Karten der Grossbank Credit Suisse (CS)
am Bancomat und beim Einkaufen nicht mehr überzogen werden. Damit wird lediglich
durchgesetzt was grundsätzlich seit jeher gilt: die Bancomat-Karte ist wie die Poscard
eine Debit-Karte ist keine Kredit-Karte.
Der Dachverband
Schuldenberatung begrüsst die Massnahme als Beitrag gegen die Verschuldung
von Jugendlichen. Die Stiftung für Konsumentenschutz kritisiert dagegen die zu
kurzfristige Ankündigung am 9.8.2004. Andere Banken wollen nachziehen,
allerdings nicht sofort.
- 28.8.2004 In Zürich stirbt im Alter von 83 Jahren
Sigi Feigel, alt Präsident und Ehrenpräsident der
Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ), engagierter Kämpfer
für Toleranz und gegen Antisemitismus und Rassismus.
- 21.8.2004 In St. Gallen stirbt im Alter von 84 Jahren
Prof. Ota Sik, engagierter Verfechter der Auffassung,
dass es zwischen Kapitalismus und Kommunismus einen dritten Weg geben müsse.
Ota Sik war eine der führenden Persönlichkeiten des Prager Frühlings 1968
und wurde nach dem Scheitern der Reformbewegung als Professor für Systemvergleich
und Planwirtschaft an die Hochschule St. Gallen berufen.
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- 6.8.2004 Die deutschen Grossverlage Axel Springer ("Bild",
"Die Welt"), Spiegel und Süddeutsche Zeitung springen
auf den Zug der fundamentalistischen Gegner der
Rechtschreibereform auf und
künden wie schon die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" im Frühling an,
dass sie zur alten Rechtschreibung zurück kehren wollen. Die Frage ist nur, zu
welcher. Die Satire-Zeitschrift Titanic titelt:
"Titanick kehrt
zurück zur ganz, ganz alten Rechtschreybung. Bitte stellen Sie Ihro
Browser zur Betrachtung unserer Seite fürderhin auff
Frakturschrift um."
Die Schweiz (mit Ausnahme des Schriftstellers Adolf Muschg)
reagiert mit Kopfschütteln, hat doch die Erfahrung gezeigt, dass die Kinder
mit der neuen Rechtschreibung weniger Fehler machen als mit der alten. Sollten
die alten Herren ihren Dickkopf durchsetzen, könnte es nicht nur zum Chaos
kommen (Adolf Muschg: "Das Chaos als schöpferischer Zustand ist einer
totalitären Orthographie vorzuziehen."), sondern zur faktischen Abschaffung
der Rechtschreibung (anarchistische Aufrufe dazu gibt es schon).
"Besonders interessant erscheint mir, dass die Kommentare
derjenigen, die sich
gegen die neue Rechtschreibung aussprechen, zu einem großen Teil sowohl nach der
alten als auch nach der neuen Rechtschreibung falsch geschrieben sind!
Was lehrt uns das? Die Reform war und ist nötig und sollte mit einigen Nachbesserungen
zügig umgesetzt werden." (Barbara Weber in:
www.lehrerfreund.de)
- 10.8.2004 Im Innern des Atomkraftwerks Mihama (Japan, Baujahr 1976) tritt
270 Grad heisser Dampf aus und tötet vier Arbeiter. Die Behörden beschwichtigen,
es sei keine radioaktive Strahlung freigesetzt worden und für die Bevölkerung
habe keine Gefahr bestanden. In den letzten Jahren ist es wiederholt zu Pannen
bei japanischen AKW gekommen.
- Nach der Entführung von zwei französischen Journalisten im Irak, für deren
Freilassung die Rücknahme des Kopftuchverbots
in den französischen Schulen gefordert wird, entfaltet die französische Regierung
eine intensive diplomatische Tätigkeit und bringt
alle wichtigen islamischen Institution in Frankreich sowie namhafte islamischen
Würdenträger dazu, die Entführung zu verurteilen und sich öffentlich für die
Respektierung des Kopftuchverbots in französischen Schulen auszusprechen.
Die seltene Einhelligkeit überrascht etwas - offenbar haben die
führenden islamischen Kreise nun aber begriffen, dass die Geduld Europas
gegenüber dem Missbrauch der religiösen Toleranz durch militante Gruppen
erschöpft ist.
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September 2004 |
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- Kopftuchverbot in französischen Schulen
Zum Schulbeginn am 1.9.2004 tritt das Tragverbot für islamische Kopftücher und andere
offensichtlich religiöse Kennzeichen in französischen Schulen in Kraft.
Frankreich bekräftigt damit unmissverständlich, dass es an der strikten
Trennung von Staat und Religion nichts zu rütteln gibt. Die Trennung
von Politik und Religion wird als wesentliche Grundlage des modernen
Staates betrachtet und geht auf die
Französische Revolution von 1789 zurück.
Sie richtete sich damals notabene gegen die christlichen Kirchen, besonders
gegen die mit dem Ancien Régime verbandelte römisch-katholische Kirche.
Wer sich heute dem Staat gegenüber auf die von der Verfassung
garantierte Religionsfreiheit beruft, sollte sich klar machen,
dass die Religionsfreiheit zuerst ein Recht der Einzelperson
gegenüber einer übermächtigen Institution ist - sei dies der Staat
oder aber eine Religionsgemeinschaft. Dieses Recht darf keinesfalls
dazu missbraucht werden, massiven Druck einzelner
Religionsgemeinschaften auf ihre Mitglieder zu tolerieren.
Dies gilt umso mehr für Minderjährige, deren Mitgliedschaft auf
Abstammung, nicht auf freiem Entscheid beruht.
Wo Religionsgemeinschaften sich militant gebärden, müssen sie vom
Staat notfalls eingeschränkt und damit zur Vernunft gebracht werden.
Das gilt heute für den Islam so gut wie im 19. Jahrhundert für die
kath. Kirche (im
Kulturkampf setzte die Schweiz 1874 deshalb
Konfessionelle Ausnahmeartikel
in die Bundesverfassung)
Das strikte Beharren auf der bewährten Trennung von Religion und
Politik sichert die persönliche Freiheit und damit die Grundlage
jeder modernen Gesellschaft.
- 1.9.2004 In Beslan (Nordossetien) überfallen Terroristen eine Schule
und nehmen mehr als 1200 Kinder, Eltern und Lehrer als Geiseln. Nach
52 Stunden beenden russische Spezialeinheiten die Geiselnahme blutig,
dabei kommen 360 Menschen, darunter 172 Kinder ums Leben.
Russlands Präsident Putin benutzt den Terrorismus im Süden des Landes
als Vorwand, um am 13.9.2004 das Wahlrecht und die Eigenständigkeit
der russischen Regionen einzuschränken.
- 2.9.2004 In der zum Weltkulturerbe zählenden Anna Amalia Bibliothek
von Weimar (Mitteldeutschland) werden 50 000 Bücher durch einen
Grossbrand zerstört und mehr als 60 000 weitere beschädigt.
- Hurrikan-Saison: Mehrere heftige Wirbelstürme verwüsten die Karibik
und den US-Bundesstaat Florida. "Ivan" fordert 122 Todesopfer,
der fünfte Hurrikan "Jeanne" gar über 3000 allein auf der
durch anhaltende bürgerkriegsähnliche Unruhen ohnehin schon schwer
geprüften Karibikinsel Haiti.
- 26.9.2004 Die Türkei bewegt sich zielstrebig auf die EU zu,
reformiert ihr Strafrecht und stärkt Rechtsstaat und Meinungsfreiheit.
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Oktober 2004 |
- Der Financier Dieter Behring wird unter Betrugsverdacht verhaftet.
- 3.10.2004 FDP-Bundesrat Pascal Couchepin attackiert in der
NZZ am Sonntag den SVP-Bundesrat Christoph Blocher
scharf: Blocher und die SVP gefährdeten mit
ihrer Haltung die Demokratie .
Bundespräsident Joseph Deiss ruft seine Kollegen dazu auf,
ihre Differenzen nicht in der Öffentlichkeit auszutragen.
- 4.10.2004 Ein vertraulicher Brief der Uefa an die
Präsidenten der Fussballverbände, in dem die Mängel bei der
Vorbereitung der Fussball-EM 2008 kritisiert und Konsequenzen
angedroht werden, löst in der Schweiz grossen Wirbel aus.
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- 6.10.2004 Die EU-Kommission empfiehlt die Aufnahme von
Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, mahnt aber weitere
Modernisierungen an.
- 6.10.2004 Ein Bericht des US-Waffenispektors Charles Duelfer
bestätigt definitiv, dass die Irak keine Massenvernichtungswaffen
besass, als er von den USA angegriffen wurde. Die Glaubwürdigkeit
der US-Geheimdienste und der US-Regierung nähert sich damit dem
Nullpunkt.
- 10.10.2004 Die ersten freien Wahlen in Afghanistan stossen bei
der Bevölkerung auf riesiges Interesse. Trotz peinlicher Pannen
(in einigen Wahllokalen gingen die Unterlagen aus, in anderen wurde
zur Markierung der Daumen von Leuten, die bereits gewählt hatten,
leicht abwaschbare Tinte verwendet) wurde kein grober Wahlbetrug
festgestellt. Übergangspräsident Hamid Karsai ist nun besser
legitimiert, die regionalen Stammesfürsten und Kriegsherren fürchten
die Macht der Wahlurnen.
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November 2004 |
- In der Volksabstimmung vom 28.11.2004 werden der
Neue Finanzausgleich (NFA) zwischen Bund und Kantonen
mit 64% Ja, die Neue Finanzordung des Bundes mit 74% Ja und das
Gesetz zur kontrollierten Freigabe der Stammzellenforschung mit
66% Ja deutlich angenommen. Nur die als Oasen für Steuerflüchtlinge
bekannten Kantone Zug (84% Nein), Schwyz (57% Nein) und Nidwalden
(54% Nein) stemmen sich gegen die ihnen abverlangte interkantonale
Solidarität.
- 27.11.2004 Ein technischer Defekt an einem Auto löst einen
Grossbrand in einer Tiefgarage in Gretzenbach (SO) aus. Während
den Löscharbeiten stürzt die Decke ein und begräbt sieben
Feuerwehrmänner.
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- 2.11.2004 US-Präsident George W. Bush setzt sich in der
US-Präsidentenwahl mit 286 von 538 Wahlmänner-Stimmen gegen den
demokratischen Herausforderer John Kerry durch. Auch bei
den Parlamentswahlen verzeichnen die Republikaner Sitzgewinne.
- 11.11.2004 Yassir Arafat,
PLO-Chef, Symbolfigur des
palästinensischen Widerstandes gegen Israel und Präsident der
provisorischen Palästinenserverwaltung in den von Israel besetzten
Gebieten stirbt in einem Pariser Spital im Alter von 75 Jahren.
Neuer PLO-Chef wird Mahmud Abbas.
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Dezember 2004 |
- Eine von der halbstaatlichen Stiftung Pro Helvetia
mit 180'000 Fr. unterstützte Ausstellung des Künstlers
Thomas Hirschhorn in Paris, in der Hirschhorn polemisch
die Demokratie in der Schweiz kritisiert, löst eine heftige Debatte
um Sinn und Grenzen staatliche Kulturförderung aus. Verschiedene
Politiker fordern als klares Zeichen gegen
"primitive und Menschen verachtende Machwerke" eine
Kürzung der staatlichen Fördermittel um 1 Mio. Fr. Der Antrag findet
im Ständerat eine Mehrheit, wird aber im Nationalrat zunächst abgelehnt.
- 12.12.2004 Erfolgreicher Start der
Bahn 2000
Der grösste Fahrplanwechsel der Schweizer
Eisenbahngeschichte
geht ohne grössere Probleme über die Bühne. Die Züge verkehren nach
dem dichteren Taktfahrplan auch in den folgenden Tagen mit Güterverkehr
sowie über die Weihnachtsfeiertage wie gewohnt pünktlich.
- 17.12.2004 Eine neue Virenflut, bei der frei offensichtlich
erfundene Namen mit domains von bekannten Schweizer Providern,
Firmen oder öffentlichen Servern als Absender vorgetäuscht werden
(Bsp: Webmaster@bluewin.ch, Auto-Mail@lu.ch) stopfen die Schweizer Mail-Server zu.
Einige Provider wie freesurf.ch reagieren hilflos und sperren einfach
sämtliche Mails von bekannten anderen Providern, bei denen Tausende
von Schweizer Benutzern Konten haben. So geht es
natürlich nicht, aber die Branche ist wohl etwas schwer von Begriff
:-(. Dabei bieten ausländische Gratis-Provider wie gmx.net
längst standardmässig leistungsfähige Spamfilter an, die von den
Benutzern leicht auf ein solches Ereignis
konfiguriert werden können.
- 29.12.2004 Die Uni Bern stellt fest, dass sich durch das Seebeben
die Rotationsachse der Erde sprunghaft um ca. 10 cm verschoben hat
und vermutet zudem, dass sich auch die Länge der Tage um rund
0,1 Millisekunden verändert.
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- 4.12.04 Das oberste Gericht der Ukraine erklärt den zweiten
Wahlgang der Präsidentenwahlen vom 21.10.2004 wegen massiver
Wahlfälschung durch die Regierung für ungültig und ordnet eine
Wiederholung der Stichwahl am 26.12.2004 an.
Tagelange Proteste der um den Sieg betrogenen Opposition haben das
Ende der "gelenkten Demokratie" nach schlechtem russischem
Vorbild eingeläutet. Nach einer Intervention der EU lässt sogar der
russische Präsident Putin knurrend verlauten, dass er einen Wahlsieg
des eher westlich orientierten Viktor Juschtschenko akzeptieren würde.
In der dritten Runde gewinnt Wiktor Juschtschenko klar mit 52% zu 44%
gegen den Regierungskandidaten, Premierminister Wiktor Janukowitsch.
gibt sich allerdings als schlechter Verlierer und will die Wahl anfechten.
Die Wahlkommission weist vier Wahlbeschwerden ab.
- 27.12.2004 Ein Seebeben (Tsunami)
von bisher unerreichter Stärke unter
dem Indischen Ozean löst bis zu 30 m hohe Flutwellen aus und fordert
in Indonesien, Sri Lanka, Indien und Thailand aber auch in Ostafrika
nach ersten Angaben bis zu 50'000 Todesopfer; die schreckliche
Opferbilanz wird in den folgenden Tagen laufend erhöht, am 5.1.2005
schätzt man gegen 200'000 Todesopfer,
sechs Wochen nach der Katastrophe bereits gegen 300'000.
Die Flutkatastrophe löst weltweit eine beispiellose Welle der Solidarität
aus. Das Gros der Opfer (um 240'000) ist in der indonesischen Provinz Aceh
zu beklagen. Die indonesische Regierung versucht die Flutkatastrophe zuerst
herunter zu spielen und lässt 48 wertvolle Stunden verstreichen,
bevor erste Hilfe einsetzen kann. Kaum hat sich die Situation etwas
entspannt, wird der Krieg gegen die Rebellen wieder aufgenommen.
Eine nach dem Seebeben einberufene UNO-Konferenz für
Katastrophenprävention kann sich nicht über den raschen Aufbau eines
Tsunami-Warnsystems einigen. Die Verteilung der Hilfsgüter gestaltet
sich ausserordentlich schwierig, da viele Häfen und Strassen zerstört
sind und viele Gebiete wochenlang nur per Helikopter erreichbar sind.
Unter den Todesopfer sind 107 Schweizer Touristen, 5 Schweizer gelten
ein Jahr später immer noch als vermisst.
Der Tsunami löst in der Schweiz eine beispiellose Welle der Solidarität
aus, die Glückskette sammelt bis Mitte Januar mehr als 130 Mio Fr., insgesamt
kommen 220 Mio. Fr. zusammen. Das
Geld wird hauptsächlich für den Wiederaufbau eingesetzt.
Die Tourismusindustrie in Südostasien verzeichnet im Folgejahr einen
Einbruch um 40%, was für viele Leute Arbeitslosigkeit bedeutet. Gegen
Ende 2005 kehren die Touristen zurück.
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Dauerbrenner |
- Seit dem Frühling 2003 haben Bancomat-Räuber über 20 Geldautomaten
in verschiedenen Kantonen mit roher Gewalt geknackt und Beute in
Millionenhöhe gemacht.
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Trends |
- Blogging: von Privaten, aber auch von traditionellen Medien mit Hilfe
einer speziellen Technologie (RSS-Feeds) ins Internet gestellte News und Kommentare.
Am demokratischen Parteikonvent in den USA im Juni 2004 werden erstmals 30 Blogger
offiziell wie Journalisten als Beobachter akkreditiert [zugelassen]. Die Blogger
könnten ein neues Kapitel der Pressefreiheit eröffnen - besonders in den USA, die
sich zwar viel auf Meinungsfreiheit einbilden (und weigern, gegen rechtsextreme
Internetseiten vorzugehen), während die Massenmedien der Bush-Administration
brav nach dem Mund reden.
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Wort und Unwort des Jahres |
- Zum Deutschschweizer Wort des Jahres wird der vom Mundartrocker
Chris von Rohr als Eigenwerbung für die eigene CD in der
TV-Sendung MusicStar geschickt platzierte Slogan Meh Dräck
gekürt. Auf Rang 2 und 3 folgen Spuckaffäre (nach der
Spuckattacke von Bundesrichter Schubarth 2003 ist das Thema mit dem
Fussballer Alex Frei auch 2004 wieder aktuell) und Sahlenweidli
(Name der Reality-TV-Sendung zum 150. Todestag des nach wie vor
populären Heimatdichters
Jeremias Gotthelf).
- Zum Unwort des Jahres
wird der völlig deplatzierte Begriff Ökoterror gewählt,
mit dem ein entnervter Zürcher Stadtpräsident Elmar Ledergerber
die völlig legale Ausschöpfung der Rechtsmittel durch den VCS im
Baubewilligungsverfahren für das
Fussballstadion Hardturm bezeichnet hat.
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Jahresstatistik |
- Die Zahl der Konkurse hat einen neuen Höchststand erreicht -
4955 Firmen mussten im Jahr 2004 aufgeben, damit wurde der bisherikge
Negativrekord von 1997 deutlich übertroffen. Insgesamt wurden 26776
Firmen aus dem Handelsregister gelöscht, 34443 kamen neu dazu.
- Derweil steigern die Schweizer Banken ihre Gewinne um 20%, die
höchsten seit dem Rekordjahr 2000 - zusammen 15,6 Mrd. Fr.
- In Europa bringen sich jedes Jahr mehr Leute selbst um, als
durch Verkehrsunfälle und Gewaltverbrechen sterben.
- Der Lastwagen-Transitverkehr über den Gotthard ist erstmals leicht
rückläufig: Mit 535'356 Fahrten nach Süden und 595'424 Fahrten nach
Norden verzeichnete der Zoll in Chiasso 4% weniger Lastwagen als im
Vorjahr mit total 1'178'508 Bewegungen. Die LSVA entfaltet eine
gewisse Wirkung, ein Viertel des Rückgangs entfällt auf eingesparte
Leerfahrten.
- Die Bevölkerung der Schweiz steigt um 0,7% auf 7'418'000 Personen,
davon sind 20,2% Ausländer. Eingewandert sind 96'270 Personen, rund
doppelt so viele wie ausgewandert (47'894). Die Hälfte der Ausländer
kommt aus vier Ländern: Italien (20,1%), Serbien-Montenegro (13,3%),
Portugal (10,7%) und Deutschland (9,7%). Die deutsche Kolonie wächst
seit einigen Jahren am stärksten.
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